Freitag, 31. Juli 2015
Kinder der Finsternis - Bedemon
"Curious Volume", die neue Scheibe von Pentagram dreht sich bei mir schon fleißig im CD-Schacht. Doch vor der Besprechung dieser, noch der Hinweis auf die Veröffentlichung einer früheren Inkarnation der US-Doom-Legende. Pentagram sind nicht nur berüchtigt für schier endlose Folgen von Lineup-Wechseln (Wikipedia kennt 33 Ex-Mitglieder, mehr als selbst zwei so rotationsfreudige Bands wie Deep Purple und Black Sabbath gemeinsam vorweisen können), meist Sänger Bobby Lieblings nie enden wollenden Eskapaden geschuldet. Erst jüngst hat Langzeit-Gitarrist Victor Griffin ja nach nur einem Jahr seinen eigenen Nachfolger Matt Goldsborough in seiner „bevorzugten dysfunktionellen Band“ wieder ersetzt (zumindest im Studio). Des Teufels Harlekin, Bobby Liebling, ist auch bekannt dafür, in der Frühphase der band während der 70er Jahre eine unüberschaubare Zahl von Demos und Proberaummitschnitten produziert zu haben. Um einen solchen handelt es sich auch bei "Child of Darkness". Bedemon waren ein Sideprojekt, in dem Liebling, Geof O'Keefe (Drums) und Gitarrist Randy Palmer einige Songs verwursteten, die letzterer geschrieben hatte. Die Aufnahmen waren ursprünglich nie für eine Veröffentlichung gedacht, entsprechend mies ist die Soundqualität. Wer sich davon aber nicht abschrecken lässt, kann sich über eine Sargladung schwarzerdigen Doomrocks freuen wie man ihn von Pentagram kennt: monolithische Riffs umflort von Lieblings hohlwangigem Gesang.
Freitag, 24. Juli 2015
Wimps and posers leave the hall! - Beim BYH nimmt man den Metal noch ernst
In Balingen ist der Name noch Programm. Fotos (alle): Crazyfink |
Machen dir kein X für ein U vor: Pretty Maids. |
Der wildeste Kindskopf des Rock: Blackie Lawless |
Die Ausgangssituation bei beiden Veranstaltungen ist
im Grunde ähnlich: Horden schwarzgekleideter Feierbiester fallen einmal
jährlich für ein paar Tage ins verschlafene Provinzörtchen ein und lassen es
ordentlich krachen Dennoch trennen die Festivals Welten. Im Norden haben unter
weltweiter Medienanteilnahme längst Event-Touristen, die mal feiern wollen wie
Metal Fans, aber das Tragen eines Schottenrocks für ein musikalisches Statement
halten, das Ruder übernommen. Im Süden, beim Bang Your Head, ist – ohne das
außerhalb der Metal Szene groß jemand davon Notiz nähme – der Name noch
Programm.
Gewappnet zur Schlacht: Omens Kevin Goocher |
Wenn Blackie Lawless (58) hier in seinen weißen
Fransenstiefeln auf die Bühne stakst und „I'm a wild child, come and love me /
I want youhouhou“ johlt, gehen die Fäuste zum Himmel und nicht die Smartphones.
Hier kann ein stahlkettenbehängter Metal Dino wie Harry "The Tyrant"
Conklin, Frontmann der mythischen Power-Metal-Formation Jag Panzer, noch Zeilen
wie „Black is the meaning of life“ singen und dabei großtuerisch mit den
benieteten Armen rudern, ohne dass das irgendjemand für eine ironische Brechung
überkommener Metal-Klischees auffassen würde.
Auch lacht niemand über die
Ritterrüstung von Omen Frontmann Kevin Goocher – zumindest solange er sich an
alle Texte vom1984er Kultalbum „Battle Cry“ erinnern kann. Hier bricht
Begeisterung aus, wenn der singende Schlagzeuger Dan Beehler nach über 20 Jahren Abstinenz mit der
Originalbesetzung der Proto-Thrasher Exciter einmal mehr „Heavy Metal Maniac“
anstimmt.
Still Heavy Metal Maniacs: Exciter. |
Lauter bitte, wir sind schließlich keine 30 mehr: JB. |
Hier hält es niemand für kitschig, dass selbst eine relativ junge
Band wie Grand Magus aus Schweden, nach denen noch niemand ein Fossil benannt
hat, ihren Songs Titel wie „Triumph And Power“, „The Hammer Will Bite“ oder
„Bond Of Blood“ geben und die Lieder auch noch haargenau so klingen, wie der
Titel es vermuten lässt. Hier sind verblassende Iron Maiden-Tattoos noch cool.
Hier
können erwachsene Männer zu den perlenden Gitarrensoli von Y&Ts Dave
Meniketti noch Tränen der Rührung vergießen. Wohingegen das Oktoberfest-Publikum
auf dem WOA im vergangenen Jahr die unvergleichlichen Gitarrenattacken von Megadeth-Frontmann Dave Mustaine mit
weitgehender Nichtbeachtung strafte, weil Bierleichen fotografieren ist
schließlich auch wichtig.
Wimps and posers leave the hall!: Grand Magus. |
Metal as metal can be: Die Fans in Balingen. |
Donnerstag, 23. Juli 2015
Haben sogar Songs mit acht Akkorden - Status Quo
Ehat ever yiu want: Status Quo 2005 beim Konzert in der Colston Hall in Bristol (L to R: Rick Parfitt, Francis Rossi, John 'Rhino' Edwards and Andrew Bown). Foto: KevM |
Rossi:
Warte mal kurz, ich schnappe mir nur noch ein paar Süßigkeiten aus der Schale
und dann gehen ich nachdraußen, da ist der Empfang besser.
BRB: Bist Du bereit?
(Singt) Yeah, yeah, I am ready now.
Wie ist denn Frankreich so im Augenblick?
Es
ist sehr schön, ein wundervoller Ort. Sehr, sehr heiß, aber ich mag es heiß
(kichert).
Euer jüngstes
Album, „Aqoustic“, enthielt unplugged Versionen eurer größten Hits. Spielt ihr
auf der aktuellen Tour unverstärkt oder elektrifiziert?
Wir
spielen elektrisch.
Ich habe kürzlich in einem britischen Rockmagazin
gelesen, Du spieltest mit dem Gedanken, bald in Rente zu gehen und wie dein
Vater früher Eiscreme zu verkaufen.
Ich
denke schon eine ganze Weile darüber nach, mich zur Ruhe zu setzen. Es wird unweigerlich
passieren. Aber es läuft bislang jedes Mal so: Ich denke darüber nach. Dann
vergehen ein paar Jahre. Ich denke wieder darüber nach. Und wieder vergehen ein
paar Jahre. Ich weiß auch nicht…
Also müssen die Fans nicht befürchten, dass dies die
letzte Tour von Status Quo sein könnte?
Nein,
überhaupt nicht. Wir haben für nächstes Jahr schon Konzerte in Australien
gebucht und wollen auch noch ein weiteres Akustik-Album einspielen.
Das Jubiläum des 50-jährigen Bestehens von Status
Quo steht in drei Jahren bevor. Wollt ihr das noch erreichen?
Ehrlich
gesagt mache ich mir nichts aus diesen Jubiläen. Ich finde Jubiläen zum Kotzen.
Wir hatten schon zu viele. Ich habe Rick getroffen: Jubiläum. Alan (Lancaster,
Bassist der klassischen Quo-Besetzung) ist in die Band eingetreten: Jubiläum.
Jemand hat 1969 gefurzt: Jubiläum. Hey, selbst wenn wir nur 49 Jahre
durchhalten, ist das eine verdammt lange Zeit für eine Rock´n´Roll-Band. Kein
Mensch hat in den 60ern gedacht, dass es uns so lange geben würde.
In der englischen Presse gab es Gerüchte, dass das
Verhältnis zwischen dir und Rick zerrüttet sei. Grund war ein Interview, in dem
Rick erzählt hat, dass sie privat nicht mehr viel miteinander zu tun haben.
Ach
was, Rick hatte einfach einen schlechten Tag. Wir sind jetzt so lange zusammen
und haben mehr Zeit miteinander verbracht als mit unseren Frauen, unseren
Kindern oder irgendjemand sonst. Es stimmt, wir reden nicht mehr so viel
miteinander wie in unserer Jugend, aber wir verstehen uns gut. Wir haben uns
heute Morgen um 9.30 gesehen, den Rest des Tages sehen wir uns nicht, bis die
Show beginnt. Aber das ist doch normal. Es macht eine Beziehung auch nicht
einfacher, wenn man ständig gefragt wird, und, wie ist euer Verhältnis, wie ist
es, wie? Irgendwann fragst du dich dann selbst, ja wie ist es eigentlich? Und
du beginnst Probleme zu sehen, wo gar keine sind.
Weil
es eben das Showgeschäft ist. Es geht nicht nur um Musik. Wenn es nur um Musik
ginge, würden die Leute doch zu Hause bleiben und für sich alleine Musik
spielen, stimmt´s? Und im Showgeschäft hat eben alles makellos zu sein. Die
Leute haben diese Vorstellung von einer
Rockband als eine Gruppe junger Typen, alles Schulfreunde, die um die Welt
reisen und nur in den besten Hotels absteigen. Von außen wirkt ein solches Leben
natürlich fabelhaft. Und die meiste Zeit ist es ja auch wirklich fabelhaft.
Aber manchmal eben auch nicht.
Wie bist Du als junger Mann zum Rock´n´Roll
gekommen? Gab es da einen bestimmten Moment der Erleuchtung oder war es mehr
ein Prozess.
Als
ich das erste Mal die Everly Brothers gesehen habe, wusste ich, das ist es. Ich
wollte die Everly Brothers sein, aber die gab es ja leider schon. Stattdessen
bin ich dann mit diesen Typen in der Band gelandet (lacht). Aber ich übe noch
immer jeden Tag und versuche ein besserer Spieler zu werden.
Für den größten Teil eurer Karriere haben Du und
Rick Fender-Telecaster-Gitarren gespielt. Wie kam das?
Das
war reiner Zufall. Ich hatte erst eine Gibson Stereo, dann bekam ich irgendwann
eine Telecaster. Rick hat sich auch eine gekauft und es wurde Teil unseres
Image, ein Mythos. Inzwischen spiele ich ein extra für mich angefertigtes
Sondermodel aus Graphit. Das ist leichter zu spielen und verstimmt sich nicht
so schnell. Aber die Leute wichsen sich noch immer einen beim Gedanken an meine
grüne Tele. Wenn ich sie raushole und sage, das ist eine 57er, sagen sie,
waaaaaaauuuu! Ich denke, mann, die ist noch zehn Jahre älter als ich, was soll
daran so toll sein. Wie gesagt: Showbusiness eben.
Status Quo stehen im Ruf, nur Drei-Akkorde-Songs zu
schreiben, dabei stimmt das ja nicht. Was ist denn der Song mit den meisten
Akkorden, den Du je geschrieben hast?
Das
müsste „Marguerita Time“ sein. mein Sohn sagt, der habe acht Akkorde. Aber ich
bin ohnehin der Meinung, man sollte Musik nicht überanalysieren. Du machst doch
nicht das Radio an und sagst, den Song finde ich gut, der hat drei oder acht
Akkorde. Es ist wie beim Sex: man findet es gut oder eben nicht. Es ist einfach
Sex, Punkt. Nicht mehr, nicht weniger. So sollte man es auch mit der Musik
halten.
Mittwoch, 15. Juli 2015
Thought Forms - Weißes Rauschen im Schleudergang
Beobachten gern technische Geräte: Thought Forms. Foto:Promo |
Thought Forms spielen Noise Rock. Für Nichtkenner: Das ist Musik für Leute, die wahrscheinlich auch mit Inbrunst stundenlang technische Geräte beobachten – Ampeln, Waschmaschinen – oder fließendes Wasser. Viel passiert bei dieser musikalischen Entsprechung von Schnee auf dem Bildschirm also nicht. Das Wenige kann aber trotzdem fesseln. Wie das Trio aus Südwestengland am Donnerstag, 9. Juli, im Jubez am Kronenplatz bewies.
Zunächst scheint es jedoch eher so als hätten die Musiker
ernsthafte Defizite im Bereich des sozialen Miteinanders und der gegenseitigen
Verständigung: Wie festgenagelt schaukeln Gitarristin Charlie Romijn und ihr Kollege Deej
Dhariwal auf der Bühne hin und her. Aus dem weitgehend strukturlosen Wummern
und unnatürlich verfremdeten Geschrammel, das sie mit ihren Instrumenten
erzeugen, schält sich nur gelegentlich ein repetitives Riff. Das Drummer Guy
Metcalfe dann aber augenblicklich mit Rhythmusschemata abseits jeder
menschlichen Logik dekonstruiert. Dazu wimmert Romjin meist total verhallt ins
Mikrofon.
Am ehesten erinnern diese Soundkollagen noch an
bekiffte Jams früher im Bandraum. Wer selbst je Rockmusik gemacht hat, kennt
das Phänomen: Im Rausch glaubten wir ein neues
„Ummagumma“ aufgenommen zu haben – bis zum nächsten Morgen. Der
Unterschied: Während wir unser Genudel ein wenig peinlich berührt sang- und
klanglos zu löschten, haben Thought Forms einfach das genaue Gegenteil getan.
Und Portishead-Mastermind Geoff Barrow hat das dann auch noch auf seinem Label
Invada Records veröffentlicht.
So baut sich die larmoyante Langeweile, diese geschraubte
Ödnis, erzeugt mit Effektboards, größer als der musikalische Horizont der
Bühnenakteure, zur schamanischen Geräuschkulisse auf, die nichtssagend
vielsagend unwillkürlich in ihren Bann zieht. Fast wie ein Schleudergang: Tzschuuiiiiiiihhhh.
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